Gewichtheberin aus dem Iran (Foto: SWR DASDING)

Vor Ort

Hanteln, Leben, Freiheit: Iranische Gewichtheberin flieht in die Pfalz

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AUTOR/IN
Pauline Sachs

Um ihren Sport frei ausüben zu können, ist die Gewichtheberin Yekta Jamali aus dem Iran geflohen. Jetzt hebt sie für den AC Mutterstadt und hat ein Ziel: Olympia 2024.

Mai 2022. Yekta, damals 17 Jahre alt, schleicht sich früh morgens aus ihrem Hotel auf Kreta – ihre iranischen Bewacher hatten einen Moment lang nicht aufgepasst – und steigt in ein Flugzeug nach Frankfurt. Ein paar Stunden vorher hatte sie bei den Jugendweltmeisterschaften im Gewichtheben die Silbermedaille gewonnen. Für Yekta ist es eine Flucht in ein neues Leben. Als unbegleitete Minderjährige durfte sie in Deutschland nicht abgeschoben werden. "Erst hatte ich Angst, dass ich den Iran zurück muss. Aber jetzt, wo ich hier bin, geht es mir gut", sagt sie.

Iranisches Regime unterdrückt Sportlerinnen

Yekta ist nicht die einzige Athletin, die die Gelegenheit zur Flucht genutzt hat. 20 bis 30 iranische Sportler*innen sollen bei Wettkämpfen im Ausland geflohen sein und in verschiedenen Ländern im Exil leben.

Im Iran hatte ich keine Freiheit. Nicht nur ich - alle Frauen. Und auch im Sport hatte ich keine Freiheit. Gewichtheben ist für Frauen im Iran schwierig, weil manche sagen: Das ist nur für Männer.

Der Grund: Das Mullah-Regime im Iran kontrolliert den Sport, der Druck auf Athlet*innen ist hoch. Sportler*innen im Exil berichten von einer Moralkommission, die den Athlet*innen vorschreibt, was sie zu tun haben. Das extrem frauenfeindliche Regime, in dem die Sittenpolizei etwa die Kopftuchpflicht mit Gewalt durchsetzt, unterdrückt vor allem Sportlerinnen: keine ausreichenden Trainingsmöglichkeiten, unpraktische Kleidervorschriften und als Gehalt einen Bruchteil dessen, was männliche Athleten bekommen – selbst wenn sie super erfolgreich sind, wie Yekta, die 2021 die erste Medaille im Gewichtheben überhaupt für den Iran gewann.

Angst um ihre Familie

Über ihre Flucht möchte Yekta lieber nicht zu detailliert sprechen. Sie macht sich Sorgen, dass ihre Familie unter den Repressalien des Mullah-Regimes leiden könnte. Und sie vermisst ihre Eltern und vier Geschwister. Wann und ob sie sie je wiedersehen kann, weiß Yekta nicht. "Letztes Jahr war es richtig schwer. Meine Mama hat immer geweint und gesagt: Ich habe dich vermisst. Jetzt ist es viel besser. Wir haben Kontakt", berichtet sie.

Neue Heimat beim AC Mutterstadt

Nach ihrer Flucht hob Yekta erst für den Verein Mainz-Laubenheim. Später wurde Stefan Mohr, stellvertretender Vorsitzender des AC Mutterstadt, aufmerksam auf ihr krasses Talent und engagierte sie für den Verein. Bis heute tritt sie auf Regional- und Bundesligaebene für Mutterstadt an – mit Riesenerfolg. "Die Entwicklung von Yekta ist der absolute Hammer. Yekta ist ein absolutes Ausnahmetalent. Sie ist mit ihren 18 Jahren schon so routiniert und bringt alles so cool auf die Bühne", sagt Stefan Mohr.

Gewichtheberin aus dem Iran (Foto: SWR)
Yekta mit Stefan Mohr vom AC Mutterstadt. Der hat sie bei einem Turnier entdeckt und zum Pfälzer Traditionsverein geholt.

Großer Traum von Olympia

Yektas großes sportliches Ziel: Olympia. Aktuell trainiert sie am Olympiastützpunkt in Heidelberg und bekommt ein Stipendium vom Internationalen Olympischen Komitee. Sie möchte sich für das IOC Refugee Olympic Team Paris 2024 qualifizieren – ein Team, in dem Geflüchtete bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr antreten. Und falls das nicht klappt: Für Stefan Mohr ist Yekta die große Medaillenhoffnung für die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Sie hofft, bis dahin eingebürgert zu sein und für die deutsche Nationalmannschaft antreten zu können.

Gewichtheberin aus dem Iran (Foto: SWR)

Eine mega starke Frau

"Wenn ich hebe, fühle ich mich richtig gut. Ich fühle mich sehr stark. Mein Vater und meine Mutter haben mir immer gesagt: Eine Frau muss stark sein. Beim Gewichtheben fühle ich mich einfach so glücklich", erzählt Yekta. Und auch ihre privaten Ziele hat die 18-Jährige klar vor Augen: Super schnell hat sie Deutsch gelernt. Neben dem Training am Olympiastützpunkt besucht sie die elfte Klasse. Sie will ihr Abitur machen und studieren, um später vielleicht Krankenschwester oder Physiotherapeutin zu werden. Yekta hat sich ein Leben in Freiheit geschaffen, trotz der Angst, die immer da ist. Eine Freiheit, die die Frauen im Iran nicht haben.

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Pauline Sachs

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