Mal ehrlich: Feinstaubalarm, Dieselfahrverbote, Baustellen ohne Ende... Am liebsten würde man das Auto in Stuttgart doch zu Hause lassen und sich dafür auf's Rad schwingen. Nur ist Stuttgart bekanntlich kein Paradies für Radfahrer - außer, es ist "Critical Mass". Die Bewegung ruft jeden ersten Freitag im Monat dazu auf, mit dem Rad durch den Kessel zu rollen.
Ein riesiger Schwarm Räder rollt am ersten Freitag im Monat durch die Stadt
Jedes Mal, insbesondere im Sommer, schließen sich viele hundert Fahrradfahrer dem großen Schwarm an. Mit dabei ist Thijs Lucas, Stuttgarter Radfahrer aus Leidenschaft: "Die Critical Mass ist mein Start ins Wochenende", sagt er. "Es ist die einzige Möglichkeit, in Stuttgart mal entspannt Fahrrad zu fahren."
Es ist die einzige Möglichkeit, in Stuttgart mal entspannt Fahrrad zu fahren
Dabei ist er nie allein: "Hier kommt alles, was in Stuttgart so wohnt, zusammen", sagt Thijs. Man lerne immer Leute kennen und "kommt dabei ins Schnacken", erzählt der Stuttgarter. Das dürfe man nicht unterschätzen, so Thijs: "Die Critical Mass bringt Leute zusammen. Man trifft sich und stellt fest: Ich bin nicht alleine. Und das ist eine wunderschöne Sache!"
Laut StVO gelten Radfahrer ab 15 Leuten als großes Fahrzeug
Thijs hat auf Facebook von der Bewegung gelesen und dann beschlossen mitzufahren. Das sei das erste Mal gewesen, dass er in Stuttgart bewusst Fahrradfahrer wahrgenommen habe. Die Bewegung ist auch schwer zu übersehen: Regelmäßig legt der riesige Rädertross den Autoverkehr lahm. Die Teilnehmer dürfen die ganze Straße nutzen, da sie laut Straßenverkehrsordnung ab einer Gruppe von 15 Leuten als großes Fahrzeug gelten.
Man trifft sich und stellt fest: Ich bin nicht alleine. Und das ist eine wunderschöne Sache!
Thijs sucht das Gespräch mit den Autofahrern
Thijs Lucas sieht die Bewegung aber nicht als Blockade: "Die Critical Mass hat eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 km/h. Das haben Autos im Feierabendverkehr selten. Wer da mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist schneller. Von daher: Lahm legen ist es nicht", so der Stuttgarter. Er sucht bei den Aktionen auch gerne das Gespräch mit Autofahrern, die wegen der "Critical Mass" im Stau stehen.
Mehr Radwege und verbesserte Sicherheit für Radfahrer
Seine Erfahrung: "Den meisten ist es wichtig, einfach und entspannt ans Ziel zu kommen." Doch solange es "acht Spuren auf der B14 und keinen Meter Radweg" gebe, würden die Leute eben Auto fahren. Die "Critical Mass" setzt sich für mehr Radwege und bessere Sicherheitsvorkehrungen für Radfahrer in Stuttgart ein.
Immer mehr Leute sehen, dass man hier echt Fahrrad fahren kann.
Seit es die Bewegung in Stuttgart gibt, habe sich vieles verändert, findet Thijs: "Die Wahrnehmung steigt. Das Fahrrad wird überhaupt erst einmal gesehen. Immer mehr Leute sehen dadurch, dass man hier echt Fahrrad fahren kann und dass es geht."