Jahrelang hat Saskia mit verschiedenen Methoden verhütet. Erst nahm sie die Pille, später hatte sie eine Kupferkette. Eines Tages schlug der YouTube-Algorithmus Saskia ein Video über Sterilisation bei Frauen vor. Das könnte auch für sie ein guter Weg sein, dachte sich Saskia.
Reiten, Reisen, Fotografie: Saskias Hobbies und ihre Freiheit sind ihr wichtig. Auch ihre Arbeit im Vertrieb einer Unternehmensberatung bedeutet Saskia viel. Einen Alltag mit Kindern kann sie sich nicht vorstellen. "Ich glaube, mit Kind könnte ich gar nicht Vollzeit arbeiten."
Im Laufe der Zeit reifte bei Saskia der Entschluss, dass sie sich sterilisieren lassen will. Doch für die Operation brauchte Saskia nach eigenen Angaben eine Überweisung ihrer Frauenärztin. Was sie bei der Ärztin erlebt hat, machte Saskia wütend.
"Als ich zu der Frauenärztin in die Praxis kam, gab’s eine riesige Standpauke."
Noch im Flur habe die Ärztin ihr gesagt, dass "kein vernünftiger Arzt mich in dem Alter sterilisieren würde" und "was mir einfallen würde, in meinem jungen Alter so eine Entscheidung zu treffen", erzählt Saskia.
Sie sollte die Praxis verlassen und mit diesem Thema nicht mehr wiederkommen.
Saskia will selbst über ihren Körper bestimmen
Saskia fühlte sich bevormundet.
"Wieso kann ich als erwachsener Mensch mit Ende 20 nicht sagen, dass ich keine Kinder möchte? Wenn ich im gleichen Alter sage, ich bin schwanger, gratuliert mir jeder - obwohl das genauso eine Entscheidung für das ganze Leben ist."
Viele Ärzt*innen haben Bedenken, wenn junge Frauen sich sterilisieren lassen.
Ein Grund dafür: Es bestehe die Sorge, dass Frauen es später bereuen könnten. Denn bei einer Sterilisation werden die Eileiter einer Frau verschlossen oder ganz oder in Teilen entfernt. Es gibt keine Garantie, dass der Eingriff rückgängig gemacht werden kann - und es zu versuchen, erfordert in jedem Fall eine weitere, aufwändige OP. Eine Sterilisation kommt also nur für Menschen infrage, die wirklich eine endgültige Verhütungsmethode wollen und sich ganz sicher sind.
Studie zu Reue nach Sterilisation
Der Bundesverband der Frauenärzte vertritt die Position, dass eine Sterilisation unter 30 Jahren nur durchgeführt werden sollte, wenn medizinische Gründe vorhanden sind - zum Beispiel, wenn eine Krankheit vorliegt, die sich bei einer Schwangerschaft erheblich verschlimmern würde.
Der Verband verweist auf eine Studie aus den USA zum Thema Reue nach einer Sterilisation. Mehr als 11.000 sterilisierte Frauen wurden befragt. Unter den Frauen, die bei der Sterilisation jünger als 30 Jahre waren, hat jede fünfte gesagt, dass die Entscheidung bereut. Allerdings zeigen die Ergebnisse auch: Bei Frauen, die vor der Sterilisation keine Kinder bekommen hatten, haben die wenigsten ihre Entscheidung bereut - nämlich etwa sechs Prozent.
Das sagt pro familia
Marion Janke kennt das Thema. Sie leitet die Beratungsstelle von pro familia in Stuttgart.
"Wenn Frauen fünf bis sieben Adressen abklappern müssen, bis sie jemanden finden für eine Sterilisation, ist das eine Zumutung."
Gleichzeitig versteht sie aber auch Ärztinnen und Ärzte, die Bedenken haben. "Ob jemand Kinder möchte oder nicht, kann sich im Laufe der Zeit immer wieder ändern", sagt Marion. Außerdem hätten sich alternative Langzeitverhütungsmethoden wie zum Beispiel die Hormonspirale in den letzten Jahren stark verbessert.
Wenn ein Arzt umfassend aufgeklärt und beraten habe, müsse die Entscheidung aber letztlich der Frau überlassen werden, findet sie. Zahlenmäßig ist das Thema bei pro familia Stuttgart ein Nischenthema. Weniger als fünf Frauen im Jahr melden sich, weil sie keinen Arzt oder keine Ärztin für eine Sterilisation finden.
Saskia aus Winnenden hat am Ende einen anderen Arzt gefunden, der ihr die Überweisung ausgestellt hat. "Nachdem die Nachwirkungen der OP verheilt waren, ging's mir super", sagt Saskia. Sie ist mit ihrer Entscheidung zufrieden.